In Österreich ist das Verfahren einer Ausschreibung und Vergabe nach der ÖNORM A 2050 für alle Arten von Bauleistungen (vor allem privater Natur) eindeutig definiert. Daneben ist die Auftragsvergabe der öffentlichen Hand (öffentliche Auftraggeber, Bund, Land, Gemeinden udgl. sowie Sektorenauftraggeber) durch das seit 2006 gültige und im Jahr 2018 großteils überarbeitete Bundesvergabegesetz (BVergG)1) eindeutig und umfassend geregelt. Die maßgeblichen Bestimmungen des BVergG sind in jedem Fall von öffentlichen Auftraggebern wie Bund, Länder, Gemeinden, Kommunen, etc. nicht nur für Bauleistungen, sondern bei jeglichen Arten von Ausschreibungen – demnach auch für Dienstleistungen – zwingend einzuhalten. Dabei sind einige wesentliche Grundsätze zu beachten, um einen fairen und lauteren Wettbewerb zu ermöglichen. Eine Ausschreibung ist gemäß dem BVergG § 2 Abs. 7 „die an eine bestimmte oder unbestimmte Zahl von Unternehmern gerichtete Erklärung des Auftraggebers, in der er festlegt, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten möchte (Bekanntmachung sowie Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen)“ und demnach noch kein Vertrag. Grundsätze der AusschreibungGrundsätzlich bedürfen Ausschreibungen einer zeitgerechten Vorbereitung sowie einer intensiven Auseinandersetzung mit den Planunterlagen, Gutachten, Mustern udgl. Die Vorbereitung einer Ausschreibung ist von Personen vorzunehmen, welche über die fachlichen Voraussetzungen hierfür verfügen. Für den Zeitraum der Erstellung, aber auch für den Zeitraum der Kalkulation (Befüllung der Ausschreibung) müssen ausreichende Zeitspannen angesetzt werden, um einen möglichst umfassenden und detaillierten sowie auch im Nachhinein haltbaren Gesamtblick eines Bauvorhabens zu erhalten, welcher plausibel und eindeutig das gewünschte Bau-Soll wiedergibt. Bei der Ausschreibung von umweltgerechten Leistungen sind demnach alle technischen Spezifikationen von umweltgerechten Produkten und Verfahren besonders zu beachten. Eine Ausschreibung ist daher so zu gestalten, dass die Angebote vergleichbar sind und die dafür erforderlichen Preise rasch und unkompliziert vom Bieter bzw. dem ausführenden Unternehmen ermittelt und durch die Ausschreibung keine unkalkulierbaren Risiken auf den Bieter bzw. das ausführende Unternehmen übertragen werden. Dies bedeutet weiters, dass die zu beschreibenden bzw. auszuführenden Leistungen einerseits erkennbar und andererseits für den Bieter auch kalkulierbar sein müssen. Bei konstruktiven Leistungsverzeichnissen sind die Beschreibungen einer Leistung und die sonstigen (ergänzenden) Angaben so zu wählen, dass sie für das Angebot, sowie auch für das Leistungsverzeichnis einfach verwendet werden und unverändert in den Vertrag Eingang finden können. 2) Hinweis Grundsätze und Voraussetzungen von Ausschreibungen- zeitgerechte Ausschreibung / ausreichende Vorlaufzeit
- intensive Auseinandersetzung mit Unterlagen (Pläne, Gutachten, udgl.)
- Fachkenntnisse des Ausschreibenden vorausgesetzt
- ausreichend Zeit für Ausschreibung
- Beschreibung der Leistung nach dem Prinzip der Vergleichbarkeit
- Vermeidung unkalkulierbarer Risiken durch nicht Berücksichtigung
Ziel: Erstellung der vertraglich zu schuldenden eindeutigen Beschreibung
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Grundsätze der LeistungsbeschreibungGrundsätzlich muss eine Leistungsbeschreibung eindeutig, vollständig und neutral sein. Dabei bedeutet: 3) - Eindeutigkeit
Unklare Formulierungen, die zu Missverständnissen führen, sind vom Ausschreibenden zu verantworten und zu vermeiden.
- Vollständigkeit
Zusätzlich zu jenen Leistungen, welche zur Fertigstellung des ausgeschriebenen Werkes erforderlich sind, ist es notwendig, alle Umstände und damit Risiken, welche zur Erfüllung der Leistung für den Bieter von Bedeutung sind, möglichst vollständig zu beschreiben.
- Neutralität
Anhand der Beschreibung und Formulierung einer Leistung darf kein Vorteil im Vorhinein für einen bestimmten Bieter entstehen.
Erstellung von LeistungsverzeichnissenPrinzipiell sind für die Beschreibung von Bauleistungen geeignete Leitlinien, wie bspw. ÖNORMEN oder Standardisierte Leistungsbeschreibungen zu berücksichtigen. Selbst erstellte und ergänzte Leistungsbeschreibungen, welche davon abweichen, sollen weitestgehend vermieden und im Falle der Verwendung begründet werden. Derartige Zusatzpositionen sind nur dann zulässig, wenn die standardisierten Texte der StLB nicht ausreichen, um die gewünschte Leistung vollständig, eindeutig und neutral zu beschreiben. 4) Haupt- und NebenleistungenNebenleistungen sind all jene Leistungen, welche eine untergeordnete Rolle spielen und nicht unbedingt in den Vertragsbestandteilen dezidiert angeführt sein müssen, jedoch für eine vollständige, sach- und fachgerechte Ausführung vertraglicher Leistungen notwendig sind. Unter Pkt. 6.2.3 der aktuellen Fassung der ÖNORM B 2110 sowie in den entsprechenden zugehörigen gewerkespezifischen Werkvertragsnormen der Reihe ÖNORM B 22xx (jeweils unter Pkt. 5.4), wie bspw. die ÖNORM B 2215 – Werkvertragsnorm für Holzbauarbeiten, sind alle zur Durchführung der Arbeiten erforderlichen Nebenleistungen im Detail angeführt. Dabei kennt die ÖNORM B 2110 folgende, grundsätzlich für alle Gewerke gleichermaßen gültigen, Nebenleistungen, welche keine gesonderte Vergütung erfahren, sondern mit den Einheitspreisen abgegolten sind. „6.2.3 Nebenleistungen Mit den vereinbarten Preisen ist die Erbringung von Nebenleistungen gemäß 3.15 abgegolten. Dies betrifft einerseits die in den einzelnen ÖNORMEN mit vornormierten Vertragsinhalten angeführten sowie andererseits unter Anderem folgende Nebenleistungen: 1) Erwirken der erforderlichen Bewilligungen und behördlichen Genehmigungen gemäß 5.4.2; 2) Beistellung und Erhaltung der Absteckzeichen u. dgl. während der Ausführung der eigenen Leistungen; 3) Messungen für die Ausführung und Abrechnung der eigenen Leistungen, einschließlich der Beistellung aller erforderlichen Messgeräte und Hilfsmittel sowie der erforderlichen Arbeitskräfte; dies gilt auch für automationsunterstützte Abrechnung; 4) Maßnahmen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bauführer-Funktion, wenn dem AN auch die Bauführertätigkeit übertragen wurde, und zwar auf die Dauer der vertraglichen Leistungsfrist; 5) Übernehmen oder Herstellen gewerkspezifisch erforderlicher Waagrisse auf Basis der vorhandenen Höhenpunkte gemäß 6.2.8.6 bzw. Erhalten jener, die auch für die Arbeiten anderer AN Verwendung finden können; 6) Prüfen von vorhandenen Waagrissen; 7) Beistellen und Instandhalten der Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen üblicher Art für Personen und Sachen im Baustellenbereich, z. B. Abschrankungen und Warnzeichen; 8) sonstige Vorsorgen zum Schutze des Lebens und der Gesundheit der eigenen Arbeitnehmer und sonstiger Personen auf Grund gesetzlicher Vorschriften; 9) Zubringen von Wasser, Strom und Gas von den vom AG im Baustel-lenbereich zur Verfügung gestellten Anschlussstellen zu den Verwendungsstellen, soweit dies für die Durchführung der Leistungen des AN erforderlich ist. Errichtung des Zählers sowie Entrichtung allfälliger Gebühren oder Mieten hierfür. Die Kosten für Wasser-, Strom- und Gasverbrauch für die Erbringung seiner Leistung hat der AN zu tragen. 10) Beistellen und Instandhalten sämtlicher nach Art und Umfang der Arbeiten üblichen und erforderlichen Kleingeräte, Kleingerüste und Werkzeuge; 11) Abladen, Transport zur Lagerstelle und gesichertes einmaliges La-gern der für die eigenen Arbeiten angelieferten Materialien, Werkstücke und Bauteile aller Art im Baustellenbereich, das Befördern derselben zur Verwendungsstelle und etwaiges Rückbefördern. Dies gilt auch für die vom AG beigestellten Materialien, Werkstücke und Bauteile, einschließlich der ordnungsgemäßen Übergabe und Abrechnung, ausge-nommen das Abladen und der Transport zur Lagerstelle; 12) übliche Sicherungen der eigenen Arbeiten, z. B. gegen schädliche Witterungs- und Temperatureinflüsse, Beseitigung von Tagwasser; 13) Zulassen der Mitbenutzung der Gerüste durch andere AN des AG; 14) Beseitigen aller von den eigenen Arbeiten herrührenden Verunreinigungen, Abfälle und Materialrückstände sowie der Rückstände jener Materialien, die bei der Erbringung der vereinbarten Leistung benötigt werden; Nicht unter Nebenleistungen fällt die Entsorgung von Verunreinigungen, Materialien und Abfällen, welche als gefährlicher oder kontaminierter Abfall zu klassifizieren sind und auf-grund des vorhandenen Baubestandes bei der Erbringung der vereinbarten Leistung anfallen. 15) sonstige durch die technische Ausführung bedingte Leistungen, z. B. Herstellen erforderlicher Proben, Liefern und Verarbeiten von Neben- und Hilfsmaterial; 16) Schlussarbeiten: der vom AG beigestellte Baustellenbereich ist vom AN nach Benutzung, wenn nichts anderes vereinbart wurde, soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar, in den früheren Zustand zu versetzen; Bauprovisorien sind jedenfalls zu entfernen.“ |
Ergänzend zu diesen auch im Holzbau sowie allen anderen Gewerken immer gültigen Regelungen zu Nebenleistungen findet sich in der ÖNORM B 2215 unter Pkt. 5.4 folgendes zu Nebenleistungen als Ergänzung: „5.4 Nebenleistungen In Ergänzung zu ÖNORM B 2110:2013, Abschnitt 6.2.3 oder ÖNORM B 2118:2013, Abschnitt 6.2.3 sind folgende Nebenleistungen mit den vereinbarten Preisen abgegolten: a) Werkstattplanung, Transport- und Montagestatik; b) stahlbaumäßig gefertigte, nicht geschweißte Einbauteile mit einer Einzelmasse bis 1 kg und konstruktiv erforderliche Verbindungsmittel bis 1 kg je Verbindungsmittelgruppe.“ |
Die Kosten bzw. im Angebot verzeichneten Preise für Nebenleistungen sind gemäß derzeitiger Judikatur mit den vereinbarten Preisen von Hauptleistungen abgegolten. Es kann jedoch vorkommen, dass Nebenleistungen in eigenen Positionen erfasst und somit separat ausgeschrieben werden. Die standardisierten Leistungsbeschreibungen verweisen auf die zugehörigen Werkvertragsnormen, um eindeutige und transparente Verhältnisse zu schaffen. Diese sind üblicherweise in den Ständigen Vorbemerkungen näher beschrieben. 5) Zur besseren Übersicht finden sich in nachfolgender Tabelle die wesentlichsten Werkvertragsnormen ÖNORM B 22xx für Hochbau, welche im Zuge einer Ausschreibung von Bedeutung sein können. 



Hinweis: Diese Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellt lediglich einen Auszug aus den derzeit wesentlichsten Werkvertragsnormen der Serie B 22xx dar, welche im Hochbau Anwendung finden. Weitere Werkvertragsnormen – gültige sowie zurückgezogene – sind zusätzlich zu beachten (wenn auch nicht mehr gültig). Der jeweils aktuelle Stand ist Shop von Austrian Standards zu finden. |
| Die in diesem Kapitel angeführten Grundsätze dienen als Basis für jeden Ausschreibenden und Bieter im Zuge der Anwendung einer Standardisierten Leistungsbeschreibung in Österreich. Dieses Kapitel erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellt lediglich eine Zusammenfassung einiger grundsätzlicher Aspekte im Bereich von Ausschreibungen dar. Sollten Erläuterungen aus Ihrer Sicht fehlen bzw. bestehende Erklärungen ergänzt werden, dann bitten wir um Kontaktaufnahme unter office@pmholzbau.at.
Weiterführende relevante Informationen:1) Vgl. BUNDESKANZLERAMT ÖSTERREICH: Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018) – BGBl. I Nr. 100/2018 idgF. S. 1 ff 2) Vgl. SCHATZ, R.: Praxisnahe Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen, Seminarunterlage ZT-Forum. S. 129ff 3) Vgl. ILG, M.; YASAR, M.: Die Bauausschreibung – Leitfaden für die Anwendung der StLB Hochbau 019 und Haustechnik 010. S. 17f 4) Vgl. ILG, M.; YASAR, M.: Die Bauausschreibung – Leitfaden für die Anwendung der StLB Hochbau 019 und Haustechnik 010. S. 19f 5) Vgl. ILG, M.; YASAR, M.: Die Bauausschreibung – Leitfaden für die Anwendung der StLB Hochbau 019 und Haustechnik 010. S. 20 |