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​​​​​Die Überwachung der Ausführung von Holztragwerken nach den ÖNORMEN B 1990 und B 1995-1-1

Anforderungen bezüglich Prüfung und Dokumentation DI Reinhold Steinmaurer (Holzbau Austria)/Juni 2019


Ausgangspunkt

​Es muss die Umsetzung im Bauwerk den Annahmen aus der statischen Berechnung entsprechen.

OIB-Richtlinie 1

Folgende Aussage ist Inhalt der OIB Richtlinie 1 seit der Ausgabe 2015:

Die Zuverlässigkeit der Tragwerke hat den Anforderungen gemäß ÖNORM EN 1990 in Verbindung mit ÖNORM B 1990-1 zu genügen.

Dementsprechend sind Holzbaubetriebe zu nachstehenden Regelungen verpflichtet.


Aussage der ÖNORM B 1990-1 (Ausgabe: 2013-01-01)

  • ​Zusammen mit den Überwachungsstufen werden Prüfpläne für Bauprodukte und die Herstellung von Bauwerken definiert. Da diese baustoffabhängig sind, werden Einzelheiten in den jeweiligen Ausführungsnormen angegeben.

  • Betonbau, Stahlbau und Mauerwerksbau haben solche Normen seit einigen Jahren.

  • Holzbau als aufstrebende Bauweise war säumig und musste normative Regelungen schaffen um mögliche, nachteilige Folgen abzuwehren wie

    • Nachteile in der Bewertung der Zuverlässigkeit

    • Vorwurf die Bauweise ist nicht ausreichend erläutert

    • überzogene Forderungen im Einzelfall durch schikanöse Auslegung, da der Grundsatz der erforderlichen Überwachung gilt, aber keine Regelungen dazu bestehen

  • Die Umsetzung dieser Forderung ist aktuell in der ÖNORM B 1995-1-1 normativer Anhang „Ausführung“ erfolgt.

Regelungen der ÖNORM B 1995-1-1 normativer Anhang „Ausführung“.

  • Die Regelungen dieses Anhangs gelten ab dem 1.6.2019 für die Ausführung von tragenden Bauteilen in Holzbauwerken.

  • Ausgenommen ist der mindestens gleichwertige Austausch von Bauteilen im Zuge von Instandhaltungsmaßnahmen, welche in die Überwachungsklasse IL 1 (Schadensfolgeklasse CC1) gemäß ÖNORM EN 1990 fallen.

In ÖNORM EN 1990:2013 wurde bereits festgelegt wie die Zuordnung der Überwachungsklassen als Zuordnung zu den Schadensfolgeklassen erfolgt.​



Abbildung 1: Schadensfolgeklassen gemäß ÖNORM EN 1990:2013

Die Schadensfolgeklassen entsprechen folgenden Bauwerkstypen:

​Die im gewerblichen Holzbau häufig vorkommende Schadensfolgeklasse CC1 ist farblich markiert​


Abbildung 2: Schadensfolgeklassen gemäß ÖNORM B 1990-1, Tabelle B.1

Überwachungsklassen

Für die Überwachungsklassen gemäß Abbildung 1 gelten folgende Regelungen:

Überwachungsklassen Planung (design supervision level, DSL)​


Abbildung 3: Überwachungsklassen in der Planung

Überwachungsklassen Ausführung (inspection level, IL)


Abbildung 4: Überwachungsklassen in der Ausführung


Befugnis zur Überwachung

Der befugte Personenkreis zur Durchführung der Überwachung ist in der ÖNORM B 1995-1-1 in Abhängigkeit von der Überwachungsklasse festgelegt.

Die befugten Personen für die Überwachung sind den nachstehenden Tabellen zu entnehmen:​


Abbildung 5: Befugnis zur Überwachung in der Planung​


Abbildung 6: Befugnis zur Überwachung in der Ausführung

Häufigkeit der Kontrollen

Die Häufigkeit der Überprüfungen betrifft einerseits die Kontrolle der geometrischen Toleranzen und andererseits die Kontrolle der Güte der verwendeten Baustoffe (Bauprodukte) und ist abhängig von der Überwachungsstufe.
In einer Tabelle wird der Prüfumfang je Losgröße bestimmt und zudem werden die durchzuführenden Prüfungen festgelegt.

Dabei gilt für den Prüfumfang für die Ausführung:​


Abbildung 7: Prüfumfang in Abhängigkeit von der Überwachungsstufe

Es ist bei der Übermittlung von IL1 und IL2 aus der in der Norm für den vollen Umfang angegebenen Tabelle immer auf ganze Stückaufzurunden.


Ermittlung des Probenumfangs

Bauteile, aus dem gleichen Material bzw. der gleichen Materialkombination und gleichartiger Anschlusssystematik, die einem gleichartigen Herstellungsprozess innerhalb eines Betriebs unterliegen, sind in einem Los zusammenzufassen, z. B. Stützen mit unterschiedlichen Geometrien oder Wandelemente mit unterschiedlichen Geometrien.​


Abbildung 8: Prüfumfang in Abhängigkeit von der Überwachungsstufe​

Beispiel für die Häufigkeit der Kontrollen

Einfamilienhaus mit 12 Wandelementen
Überwachungsstufe IL1


Losumfang = 12​Gleiche Vorgangsweise gilt für alle tragenden Bauteile wie Stützen, Sparren, Pfetten, Deckenelemente, Dachelemente.

Annahmezahl​


Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Probeumfang und Annahmezahl

Die Annahmezahl ist in der Tabelle auf den Probenumfang von IL3 (100%) bezogen.
Bei einem in der Spalte „Probenumfang IL1“ bzw. „Probenumfang IL2“ ermittelten Probenumfang gilt, dass die Annahmezahl auf der Grundlage des gleichen Probenumfangs in der Spalte „Probenumfang IL3“ zu ermitteln ist (siehe Tabelle 9).
Wenn der in der Spalte „Probenumfang IL1“ bzw. „Probenumfang IL2“ ermittelte Probenumfang zwischen 2 Werten des Probenumfangs in der Spalte „Probenumfang IL3“ liegt ist zur Ermittlung der Annahmezahl der größere Wert zu nehmen.

Übersteigt die Anzahl der ungünstigen Abweichungen den Wert der Annahmezahl gemäß Abbildung 8, ist der Prüfumfang aus dem nächstgrößeren Losumfang zu verwenden.


Ausnahme:

Es wird ein systematischer Fehler erkannt und dieser bei allen betroffenen Teilen ausgebessert. Wiederholung der Prüfung mit dem Probenumfang entsprechend Losumfang (ohne Erhöhung).​


Prüfumfang Statik

DSL 1 und DSL 2

Die Überwachung umfasst eine Kontrolle der Vollständigkeit der Unterlagen (statische Berechnung, Zeichnungen und Anweisungen) und eine Plausibilitätsprüfung der wesentlichen Ergebnisse hinsichtlich Tragsicherheit wie die Anwendung der aktuellen Normen, Lastaufstellung, Berücksichtigung zutreffender Einflüsse (z.B. Wind, Schnee, Erdbeben, Schwingungen, Lastkombinationen).


DSL3

Die verstärkte Überwachung umfasst ergänzend zur normalen Überwachung eine unabhängige Kontrollrechnung und Überprüfung der planlichen Darstellung hinsichtlich der Tragsicherheit.
Der Prüfer ist in der Statik, wie in der ONR 24005 „Statische Berechnungen - Dokumentation und Anforderungen an den Inhalt, den Umfang und die Form“ angegeben, immer anzuführen.


Prüfumfang Ausführung​



Abbildung 10: Prüfumfang Ausführung

Eine Vorlage zur Führung der Aufzeichnungen liegt als Anhang bei.

Prüfinhalt an den gemäß Tabelle 9 ausgewählten Bauteilen (Proben)
Grundsätzlich gilt:

  • Bei Stab- und plattenförmige Bauteile die Quadergeometrie, mind. an Stellen der maßgeblichen Beanspruchung.

  • Bei abweichender Geometrie (z.B. Ausklinkungen, Durchbrüche) zusätzliche Geometriedaten z.B. minimaler und maximaler Querschnitt

  • Bei plattenförmigen Bauteilen entfällt die Überprüfung in der Fläche, wenn offensichtlich die Plattendicke über die Fläche konstant ist und am Rand an mindestens 3 Stellen die Toleranzen einhält

  • Einbauteile und Verbindungsmittel sind hinsichtlich Lage, Einbau, Typ und Anzahl zu überprüfen.

  • Spannsysteme sind in ihrer Gesamtheit zu überprüfen (Spann- und gegebenenfalls Einpressprotokoll).

Die angeführten Toleranzen gelten nur für Abweichungen, die Einfluss auf die Bemessung haben.


Folgende Toleranzen sind einzuhalten:

Geometrische Toleranzen
  • Querschnittsmaße

  • Abweichung über die Querschnittshöhe (Stich)

  • Abweichung der Stab- oder Plattenlänge oder Plattenbreite

  • Abweichung der Stabachse von der Sollgeometrie, rechtwinkelig zur Systemachse

=> Details dazu siehe Normtabelle​


Toleranzen von Abbundgeometrien
  • Druckkontakt (z. B. Auflager, Kontaktstoß, zimmermannsmäßige Verbindungen)

  • Schlitze für Stahlbleche

  • Durchbrüche

  • Ausklinkungen

​=> Details dazu siehe Normtabelle


Solllage von Verbindungen mit metallischen Verbindungsmitteln

  • Verschiebung der Achse

  • Verschiebung der Achsen zweier oder mehrerer Bauteile zueinander in der Scherfuge

  • Verdrehung des Klammerrückens

  • Lage in Achsrichtung

=> Details dazu siehe Normtabelle


Die Kontrolle der geometrischen Toleranzen kann im Zuge der Werksfertigung erfolgen.
Die Solllage von Verbindungen mit metallischen Verbindungsmitteln in der Werksfertigung mit Kontrolle am Objekt ob die Ausführung vor Ort tatsächlich wie vorbereitet durchgeführt wurde.


Maßnahmen bei Abweichung

Wenn bei der Überwachung eine Abweichung (Nichtübereinstimmung) festgestellt wird, sind von der überwachenden Stelle entsprechende Maßnahmen zu treffen.
Reihenfolge der Aspekte die bei Feststellung einer Abweichung zu überprüfen sind:

  • Auswirkungen der Abweichung auf die weitere Ausführung und Tragfähigkeit sowie die Gebrauchstauglichkeit des Tragwerks;

  • Planen der Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Eignung des Bauteils mit abweichenden Eigenschaften (wieder-)herzustellen;

  • Überprüfen der Notwendigkeit der Ablehnung und des Ersatzes von nicht instandsetzbaren Bauteilen.

Die Prüfung der Auswirkungen auf die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit muss durch eine Person mit statischen Kenntnissen durchgeführt werden.


Mindestaufzeichnungen die immer zu führen sind
  • Zeitraum der Herstellung der einzelnen Bauteile und/oder Abschnitte

  • Witterungsverhältnisse vom Beginn der Holzbauarbeiten bis zur Fertigstellung der entsprechenden Leistung

​​=> Bautagesberichte

  • verwendete Bauprodukte

  • Verwendung von vorgefertigten Bauteilen

  • Dokumentation der Verwendung im Bauwerk

​=> Ausführungsplanung (z.B. Pläne. Skizzen)

  • Materialdokumentation

​​=> Lieferscheine, Leistungserklärungen​

Bei einer sortenreinen Lagerhaltung kann die Materialdokumentation durch den dokumentierten Wareneingang erfolgen.
z.B. Warenlager mit nachvollziehbarem Bestellvorgang hat ausschließlich Material C 24.​

Zu allen auftragsbezogenen Bestellungen werden die Nachweise dem Bauakt zugeordnet.
Das gilt sinngemäß auch für die Bestellung der Verbindungsmittel.

  • Abweichungen von plangemäßer Art, Lage von Verbindungsmitteln und Ausführung derVerbindungen

​​=> Aufzeichnung durch Prüfer

​​(z.B. bei IL1 Eigenaufzeichnung durch den Vorarbeiter)


Verklebungen

Die Ausführung der Verklebungen erfordert eine besondere Fachkenntnis der ausführenden Personen. Für die Ausführung von Verklebungen gilt ab 1.1.2023, dass die Qualifikation der verantwortlichen Fachperson für die Verklebung durch einen Nachweis sicherzustellen ist.​




Abbildung 11: Prüfumfang Verklebungen

Ist der Zeitabstand zur letzten Prüfung größer => Prüfung im Zuge der Herstellung

​=> Details zur Verklebung wie Flächenverklebung, Schraubpressverklebung, Rissesanierung durch Verklebung sind der Norm zu entnehmen


Weitere Norminhalte

Die vorstehende Kurdarstellung beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Frage der Prüfungen und der erforderlichen Dokumentationen.
Weitere Norminhalte zum Thema Werksfertigung, Materialkennzeichnung, Transport und Montage sind der Norm zu entnehmen.


Das Studium der ÖNORM ist daher unerlässlich um den Inhalt im Detail zu erfassen.​